
Weihnachtsbrief
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Lieber Freundeskreis,
- ich habe das Gefühl, mehrere Wochen schlafen zu wollen. Für Studierende, die ins Lehramt gehen, bieten meine Chefin und ich eine neue Vorlesung an. Die zu konzipieren, hat
unglaublich Spaß gemacht, war aber irre arbeitsreich. Vor allem aber muss ich ganz viel träumen. Dieses Jahr
hielt so viele wunderbare Eindrücke bereit, die ich noch nicht annähernd verarbeitet habe.
- Begonnen hatte das Jahr allerdings mit einem Albtraum. Das vergangene Weihnachten war ein wundervolles letztes gemeinsames
Fest. Einen Monat später verließ das Leben meinen Vater. Ich bin dankbar, dass ich am letzten Tag bei ihm sein konnte und
dass wir ihm das Gehen vielleicht erleichterten. Jetzt im November kamen die Erinnerungen wieder, wie
ich um diese Zeit jede Woche mit einem großen Einkauf zu meinen Eltern fuhr, um meine Mutter zu unterstützen
und meinem Vater irgendetwas zu kochen oder backen, das er vielleicht essen würde. Die Tränen fließen, während ich das schreibe,
aber das Universum ist gerecht und hat versucht, mich bestmöglich zu trösten.
- Viele alte und neue Orte habe ich besuchen können. Daraus, dass ich im Wochentakt zwei Trainings am anderen Ende der Republik
hatte, machte ich eine Tugend und fuhr kurzerhand zwischen beiden nach Amiens, Hauptstadt der Picardie, wo ich 1998 studiert hatte. Der Campus aus den 1960er Jahren
sieht noch genauso aus. Das Band der Erinnerungen zu meinem 22-jährigen Ich ist dennoch durchtrennt. An unseren ersten gemeinsamen Urlaub
versuchten Olaf und ich in Paris gar nicht anzuknüpfen. Damals hatte unser Hotel sicher keinen Aufzug in der Mitte einer Wendeltreppe.
In Versailles war ich zweimal verblüfft: Wie klein Marie Antoinettes Zimmer war und als Olaf am Imbissstand die Pappteller samt Tablett
in den Container warf. Er fand, das war doch auch gepresste Pappe, oder? Auch Prag hat mich wiedergesehen.
Meine Eltern hätten dieses Jahr Goldene Hochzeit gefeiert. Stattdessen fuhren wir zu fünft, Mutter, Söhne und Schwiegersöhne, in die Goldene Stadt.
Wir gingen ins „Fantom opery“, aßen Svíčková im Café Imperial und besuchten eine Banksy-Ausstellung.
- Japan war episch. In Tsukuba fand der einwöchige 3D-Weltkongress statt. Die Woche davor erkundete ich Kyōto und Tokio.
Shintō-Schreine und buddhistische Tempel in bergiger Natur, Holzhäuser der Edo-Zeit und akkurat gestaltete Zen-Gärten, ultrabelebte Straßen
mit Läden und hippen Bars bis in den fünften Stock – die Eindrücke überwältigen.
Japaner sprechen kein Englisch. Naja, tun sie schon, aber sie trauen sich nicht. Man kann sie aber auftauen, wenn man das eigene Sprachniveau herunterschraubt.
Meinen Meisterplan, die japanische Sprache durch die Reduzierung dreier Alphabete auf eins zu vereinfachen, habe ich nur
mit Zweiwortsätzen und Mimik dargelegt und erntete große Sympathie. Umgekehrt ist Japanisch eine Herausforderung. Beim Kauf von 3D-Blu-rays standen
diese mit der schmalen Seite nach vorn. Anstatt auf Coverbilder schaute ich auf japanische 仮名. Selbst was man lesen kann, muss
nichts heißen. Eine Idee, was „gum syrup“ ist? Antwort: eine Zuckerlösung für Eiskaffee. Und auch der Alltag will gelesen sein. In Kyōto
steigt man hinten in den Bus ein und bezahlt beim Aussteigen vorn. Ich schwöre, die machen das mit Absicht! Dafür geht aber alles in geordneten Bahnen:
Als ich mein Zugticket nicht buchen konnte, obwohl die Schaltfläche am Vortag noch da war, dämmerte mir: Die Webseite hatte Öffnungszeiten.
Kulinarische Empfehlung ist ganz klar かき氷 Kakigori, das wie Wolken weiche Wassereis.
Meinem 17-jährigen Patensohn zeigte ich London.
Wir lagen auf dem Glasboden der Tower Bridge, aßen Streetfood auf dem Borough Market,
gingen ins Musical „Hamilton“, wofür wir dem Jungen vorher erstmal bei Next Klamotten kauften. Das volle Programm.
Schön waren die Abende, wo wir in unserer Wohnung die Sessel ans Fenster rückten und uns als Erwachsene unterhielten. Unsicher war ich über den letzten Tag.
Ob ein Teenager den Besuch eines Flugzeugmuseums mit meinen 80-jährigen englischen Freunden so toll finden würde? Er freute sich nicht nur, dass er beim Lunch
ein weiteres englisches Gericht probieren konnte, sondern fachsimpelte in fließendem Englisch mit Mike über Flugzeuge. Mehr als eine Person war verblüfft.
- Meine schönste Sommer-Erinnerung stammt aus Mähren in Osttschechien, wo ich einen 3D-Freund besuchte. In Brünn wurde gleich der lokale 3D-Club
zusammengetrommelt. Ich bekam 3D-Dias aus den 70er Jahren von Potsdam und Meißen geschenkt und Geschichten erzählt, wie man zwar nur Tschechisch spricht,
aber dennoch als ehemaliger Bahnmitarbeiter per Zug die Welt bereist. Ich lernte in Zlín, dass der Unternehmer Baťa hier das damals höchste Hochhaus Europas bauen ließ und sein komplettes
Büro ein Aufzug war. Vor allem aber fragte mich mein Freund, ob ich meine Badehose mithätte. Wir würden ins Freibad gehen. Irgendetwas musste ich falsch verstanden haben, denn eben hieß
es noch, wir gehen Bier trinken. Ich beschloss abzuwarten und siehe da: Ich sehe noch genau das Bild vor mir von zwei frisch gezapften Pils in der Abendsonne im Freibad.
- Unternehmerisch und als deutscher 3D-Vorsitzender war es gemischt. Ein amerikanischer Großklient beschloss, nach 16 Jahren aufgrund der Rezession alle Trainings abzusagen.
Aber mit meiner Kollegin bilden wir ein Trainertandem: Fotos sind geschossen, Webseite in Arbeit – Welt, mach Dich bereit!
Die letzten Kapitel meines Phonetik-Lehrbuchs schickte ich im Mai nach Cambridge. Jetzt wird redigiert, lektoriert und produziert. Erscheinen soll es Anfang 2025. Ich weiß. Ich auch.
Der DGS haben wir ein neues, modernes Logo verpasst und fünfzig Jahre Unterlagen von meinem Elternhaus ins Sächsische Staatsarchiv umgesiedelt. Meinen Geburtstag werde ich nächstes
Jahr übrigens auf dem 3D-Kongress feiern müssen:
Dieser findet vom 21.–23. Juni in einem Kino aus den 1920er Jahren in Regensburg statt.
- Und nun geht sie los, die Reise. In ein neues, uns noch unsichtbares Jahr. Pfingsten werde ich zum 3D-Kongress der Engländer fahren. Tschechien ist eine
schöne Fernheimat geworden und außerdem lese ich die geraden Harry-Potter-Teile auf Tschechisch und werde den sechsten kaufen müssen. Japanisch will ich weiter lernen.
Die Motivation ist nicht so hoch wie bei Tschechisch, aber der Linguist in mir freut sich auf neue Gedankenwelten. Und Du so? Wann sehen
wir uns wieder? Ich kann schon jetzt sagen: Ich freu mich total drauf!

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