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Liebe Freunde, Die letzten drei Wochen haben geschummelt und müssen eigentlich fünf gewesen sein. Ich habe planmäßig noch ein Training in Köln absolviert, endlich Daten für eine eigene Studie erhoben, ungeplant die Vorlesungen meiner Kollegin vertreten und mich von Buntmetalldieben ärgern lassen, die auf meiner Rückfahrt die Oberleitung geklaut hatten. In solchen Zeiten zwingt die Hektik zur Gelassenheit. Überhaupt finde ich, dass ich dieses Jahr gelassener geworden bin, aber auch angefangen habe, darüber nachzudenken, wie man Facetten des Lebens noch anders gestalten kann. Der Auftakt des Jahres fand in Stockholm statt. Dass die Lufthansa unseren Flug dorthin um mehrere Stunden verschub, fanden wir blöd. Dass wir daraufhin lieber früher ab Berlin fliegen wollten, schien dem Universum nicht zu gefallen: Der erste Zug zum Flughafen wurde immer verspäteter. Warten in der Lounge war gestrichen, denn die Mitarbeiterin steckte in einem verspäteten Zug. Warten beim benachbarten Burgerbräter war gedrängt, denn die obere Etage wegen ausgefallener Heizung gesperrt. Der planmäßig nächste Zug fuhr pünktlich ab, nur nicht sehr weit. Wir verweilten stundenlang in Delitzsch, 12 km vor den Toren Leipzigs und durften schließlich auf Taxis umsteigen. Wer denkt, Delitzscher Taxifahrer freuen sich ein Loch in den Bauch, dass sie mehrere hundert Kilometer nach Berlin fahren dürfen, der irrt. Jedes Taxi war mit Dialysefahrten ausgebucht. Wir kamen schließlich später an, als wären wir regulär ab Leipzig geflogen.
Einmal an der Westküste wurden gleich Los Angeles und San Francisco besucht. Die Stadt der Engel hat mich angenehm überrascht.
In Erinnerung bleiben die Nachmittagssonne auf den Art-Déco-Kinos des Hollywood Boulevards, die friedvolle Ruhe in den Gärten des Getty Centers,
lange Busfahrten entlang der endlosen Straßen zusammen mit lateinamerikanischen Hausfrauen und heftige Blasen an meinen Füßen vom
Strandspaziergang von Santa Monica nach Venice Beach. Mit meinem Patensohn Konstantin schaue ich inzwischen eher Superhelden- als Disneyfilme. Ein großes Abenteuer war der Ausflug mit Übernachtung ins Tropical Islands. Der Check-in in die Megaschwimmhalle dauerte anderthalb Stunden und obwohl sie so groß ist, dass die Freiheitsstatue darin stehen und der Eiffelturm darin liegen könnte, fanden wir am ersten Tag nicht eine freie Liege. Selbstverständlich besetzten wir am zweiten Tag eine, um auch neuen Gästen dieses Erlebnis zu bescheren. Nachts um zehn auf der Wasserrutsche zu sein oder mit einem Cocktail am Indoor-Sandstrand zu liegen, hatte trotzdem etwas. Deutlich leerer ging es da am 24. Oktober im Standesamt Leipzig zu. Zur Umwandlung unserer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe waren exakt drei Personen und das Plätschern des Springbrunnens anwesend. Passend zur Skurrilität und Nüchternheit dieses Ereignisses feierten wir mit einem Stück Kuchen bei Karstadt. Schöne, neue Dinge gab es aber auch im Alltag. Montags am Vormittag einen Statistikkurs beim Guru für Linguistikstatistik, auch wenn das hieß, dass ich meine Vorlesungen nachmittags um vier und um sechs halten mussten. Dank Hochzeitsgutschein meiner Kolleg|innen das beste Essen meines Lebens im Gourmet-Tempel Falco. Meine Eltern wurden siebzig. Als wir beiden anlässlich einen Gutschein für ebendieses Restaurant schenkten, hatte ich so meine Zweifel, ob meine Eltern zu zweit essen gehen. Ohne Überredungsbedarf wurden Olaf und ich zu unserer regularisierten Ehe eingeladen. Im Sommer ein Konzert von Les Yeux d’la Tête in Connewitz mit Jenaer Freunden und mit Prosciutto, Parmesan, Holger und Andreas Klassik auf der Picknickdecke im Rosental, auch wenn ich wegen eines milden Bandscheibenvorfalls kaum sitzen konnte. Das neue Jahr, was wird es bringen? Zum Sommersemester eine BahnCard 100, mit der ich deutschlandweit Bahnfahren kann. Ich werde mein Zimmer in Erfurt aufgeben und schauen, wie es ist, täglich zu pendeln. Auf alles andere warte ich gespannt und hoffe, dass Du und ich im kommenden Jahr zusammen tausend schöne Dinge unternehmen und nette Stunden teilen werden. Genießt die letzten Tage des Jahres in adventgestimmter Fröhlichkeit. Frank |
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