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Weihnachtsbrief

Liebe Freunde,

─── Es war das Jahr des Pferdes, so sagen die Chinesen. In solchen Jahren geht es voran, Abenteuer übernehmen den Alltag. Jedoch lässt sich das Pferd nicht immer an die Zügel legen, so dass zwar vieles passiert, aber nicht unbedingt exakt nach Wunsch. Für mein Leben kann ich sagen, dass dieses Jahr so beschaulich wie es beim Silvester-Fünf-Gänge-Menü im Obecní dům in Prag begonnen hat, nicht bleiben sollte.

─── Kulturell hat das Pferd auf jeden Fall gehalten, was es versprach: Übers Jahr habe ich drei Opern, drei Ballette und zwei Musicals gesehen. An dieser Stelle möchte ich der Stadt Berlin danken, die so viele Plakatwände für den halbnackten Tänzer des Don Juan zur Verfügung stellte und Kristina, die fand, da muss Frank hin. Auch eine laue Erfurter Sommernacht, mit Beate den Blick zu den Domstufen, wo die Buhlschaft des Jedermann soeben singt, es würde dunkel, als sich tatsächlich die Nacht gerade hernieder senkt, sind lächelnzaubernde, immerbleibende Eindrücke. Vor allem aber habe ich genossen, meine Eltern regelmäßig bei uns in Leipzig zu haben.

─── Eine Erinnerung aus Kindertagen konnte ich an die nächste Generation weitergeben: Ein Besuch im Harzer Bergtheater zu Thale mit Konstantin, der eine knappe Woche Ferien bei uns machte. Die Sonne brannte herunter, so dass Olaf sich auf die hinteren Bänke in den Schatten flüchtete und ich der weltendümmer-werdenden Bevölkerung erklären musste, dass sie nicht einfach Schirme aufspannen können, weil dann andere nichts mehr sehen. Die Wölfe im Bergzoo hat es nicht gestört und auch die Faszination eines kleinen Jungen trugen sie mit Fassung. Dank der Sonne weiß ich auch, was für ein gewitztes achtjähriges Patenkind ich habe. Als dieses hitzebetäubt-lethargisch neben mir her schlich, fragte ich aufheiternd, ob wir jetzt noch ein Bier trinken gehen. Sollte ich vergessen haben, dass er kein Bier trinken dürfe, dann ja, kam die prompte Antwort.

─── Auch sonst war ich viel unterwegs. Soviel, dass ich nicht nur bei der Bahn, sondern auch bei der Lufthansa nun Vielreisender bin. Meine Ausflüge führten mich nach Salzburg, wo Claudia, Martini und ich von der abendlichen Terrasse des betagten Hotels Stein durch Hagel verjagt wurden. Zum 3D-Kongress der Briten in Bowness-am-Windermere erwartete mich ein viktorianisches Hotel mit altrosa-farbenen Blüten auf Vorhängen und Bettbezug sowie Dauernieselregen, der ins Innere von Arts&Craft-Häusern und Dickens-Pubs mit Nachttöpfen an der Decke zwang. Außerdem sah Wien mich wieder zur 3Dimensionale, wo ich weitere Stereoskopiker näher kennenlernen durfte und auch meine erste eigene 3D-Schau zum zweiten Mal gezeigt wurde.

─── Barcelona ist laut, gefühlt lauter als New York, aber eine sehr sympathische Stadt. Den spanischen Modernisme kann man lieben oder hassen. Olaf und mir haben Sagrada Família und die Casa Batlló von Gaudí ausnehmend gut gefallen. Ebenfalls die Font Màgica, welche, riesig in Größe, abends zur Musik licht- und wasserorgelt, ist ein Hit. Irritiert hat uns, dass sie an der gleichen Straße wie unser Hotel liegen soll, obwohl sie im Reiseführer beim Montjuïc, dem Hausberg der Stadt geführt wird. Die These, dass die Straße dann wohl den Berg hinaufführen müsse, konnten wir hinreichend empirisch widerlegen, als wir von der Spitze des Berges mehrere Kilometer an Treppen und, sehr freundlich, Rolltreppen hinabstiegen und schließlich wieder ebenerdig waren.

─── Mit meinen Eltern bin ich als Dolmetscher an die Loire gefahren, wo wir zwölf Schlösser in vier Tagen besuchten. Für manche mag das nach Foltermethoden der CIA klingen, aber ich kann wahrhaft sagen, dass es ein schöner Urlaub war. Schrecksekunden bereitete nur die hoteleigene Garage, die, wie in Frankreich gern üblich, sehr eng geschnitten war. Nachdem mein Vater das Nachbarauto einmal mit Seitenspiegel, einmal mit Vorderrad touchiert hatte, mussten meine Mutter und ich alle Überredungskunst aufbringen, denn natürlich fand er, ordentlicher Mensch der er ist, er stünde noch nicht richtig.

─── Beruflich wurden viele Projekte angestoßen, allerdings ist noch keines spruchreif. Meine Webseite hat ein neues Design. Also bahnbrechende Veränderungen werden ein anderes Jahr bekanntgegeben werden müssen.

─── Das neue Jahr wird Olaf und mich in Hamburg suchen müssen. Den richtigen Geist von Silvester werden wir uns am 31. im Ohnsorg-Theater abholen. Bleiben mir nur drei Wünsche loszuwerden:

 

Heitere, gelassene Weihnachtsfeiertage,
     einen schwungvollen Rutsch ins Neue Jahr,
         mindestens mehrere Wiedersehen im kommenden Jahr

wünscht Dir insbesondere Dein

Frank